Die Anfrage am Strand
Gibt es für Musiker*innen überhaupt so etwas wie Ferien? Ja, das gibt es. Und sie sind wichtig. Man muss sich ob all dem Üben und Vorbereiten bewusst Zeit für Pausen gönnen. Denn diese bieten Inspiration und bilden die Kreativität weiter, welche es für unseren Beruf braucht. Für Harfenist*innen sind Ferien ohne Instrument sogar einfacher, da wir die Harfe nicht so einfach transportieren können. Aber trotzdem schläft das Geschäft auch im Urlaub nicht. Und davon erzählt die heutige Geschichte.
Es war Sommer 2016, ich hatte mein erstes Studienjahr im Master Musikpädagogik hinter mir. Ein anstrengendes Jahr. Es lag eine Blinddarmoperation dazwischen, aber ich erhielt pünktlich auf Sommeranfang Zusagen für meine ersten beiden Festanstellungen an Musikschulen. Was für eine Freude! Endlich wurde ich in meiner Arbeit bestätigt und konnte mit einer ersten eigenen kleinen Klasse die wichtigen Erfahrungen in der Praxis der Musikpädagogik sammeln. Und so gönnte ich mir nach diesem anstrengenden Studienjahr eine Auszeit in Italien. Ich entschied mich, nach 5 Jahren Absenz wieder im Hotel an der Adria, an dem wir zahlreiche Urlaube mit der Familie verbrachten, einzuchecken. Was gibt es schöneres, als am Strand zu liegen und die Sonne zu geniessen? Einfach nichts zu tun. Kraft und Energie tanken.
Nach ein par Tagen kam eine Mail. Ja, wir hatten Wifi am Strand und so konnte ich mein Handy nutzen, um online Musik zu hören aber eben konnte ich auch Mails empfangen. Ich las eine Anfrage, worin stand, dass ein Zuzüger für das Orchester der Lucerne Festival Academy gesucht wird. 4. Harfe für ein mir bis dahin unbekanntes Stück (Pelleas und Melisande von Schönberg). Ich wusste, das ist eine einmalige Chance, die es zu ergreifen galt. Und so informierte ich mich über die Probedaten, die Noten, etc. Und schrieb die Zusage, im Wissen, dass ich in sehr kurzer Zeit viel neues Material einstudieren musste. Aber das gehört ja oft zum Musikeralltag.
Zurück aus dem Urlaub lernte ich in knapp 3 Wochen dieses anspruchsvolle Stück. Die blasen an den Fingern waren es Wert. Einige Monate später hörte ich die Aufnahme des Konzerts zufällig sogar im Radio und war auch etwas stolz, dass ich Teil dieses Projekts sein durfte. Ich blicke auf eine tolle Erfahrung zurück. Und ich schloss viele Freundschaften, darunter auch mit Harfenistinnen und Musikern aus aller Welt. Ich bin sehr dankbar für diese Erfahrung.
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Mam (Dienstag, 08 Dezember 2020 21:29)
Ja wie kann man das vergessen, deine Finger taten mir immer sehr leid nach den Ferien. Waren sie doch voll beladen mit Blasen. Wie oft bin ich doch zur Apotheke um spezielle Pflaster zu kaufen damit du trotz, manchmal sogar blutenden Fingern, zu üben.