11. Dezember

Welche Assoziationen löst ein bestimmter Konzerttitel bei Ihnen aus? Gehen Sie mit Erwartungen an ein Konzert oder sind Sie eher der Typ, der sich überraschen lässt? Davon handelt die heutige Geschichte. 

Ich war damals im ersten Studienjahr und besuchte einen Kurs zum Thema freie Improvisation. Ich wurde angefragt, ob ich nicht Lust hätte, einen Anlass mit Gedichten musikalisch zu begleiten. Ich liebe es, in Langenthal zu spielen. Dort treffe ich immer viele bekannte Gesichter. Noch heute. Quasi ein "Heimspiel". Deshalb zögerte ich auch nicht und sagte sofort zu. 

Konzerttitel und alles andere wurde durch die Veranstalterin erledigt. Ich sollte nur mit dem Redner proben. Und eben: da war, wie sich erst später herausstellte, dieser Konzerttitel: "himmlische Harfenklänge". Aber mein Auftritt war alles andere als himmlisch. Wer mich kennt, weiss was für eine Offenheit ich als Musiker an den Tag lege. Und so erstaunt es auch nicht, dass ich die Gedichte zum Anlass nahm, um den Text mit musikalisch freien, modernen Improvisationen zu untermalen. Die Impros zeigten die volle Klangwelt der Harfe. Pedalglissandos, Geräusche, Saiten wurden geschlagen, gekratzt, etc. Alles in allem laute, wilde, zischende Klänge. Alles andere als himmlisch. Aber bis zum Konzerttag überlegte ich mir nicht allzuviel hierzu. Ich fand es eine tolle Idee und auch der Redner war begeistert.

Dann spielten wir den ersten Teil. Das Publikum wirkte erstaunt, war still und vermutlich auch ein wenig enttäuscht. Ich glaube durchaus, dass man sich unter himmlischen Harfenklängen eben etwas anderes vorstellt. Würde ich wohl auch. Schade nur, dass eine zweite Veranstalterin, die mich für einen anderen Anlass engagiert hatte, auch im Publikum sass. Sie kam zu mir und fragte, ob meine Musik immer so modern klinge. Später konnte ich sie an meinem Auftritt vom Gegenteil überzeugen. Ich erhielt aber an diesem Abend auch sehr positive Rückmeldungen aus dem Publikum und von der Veranstalterin. Die Musik hätte sehr gut zu den Texten gepasst und es sei ein sehr toller Auftritt gewesen. Voller Spannung ging ich in den zweiten Auftritt mit dem Sprecher. Diesmal war das Publikum deutlich begeisterter. Ich erhielt viele positive Zusprüche. 

Der Auftritt hat mir gezeigt, dass moderne, zeitgenössische Klänge nicht allen entsprechen. Aber auch diese Kunstform gehört zu unserer Gesellschaft. Und ich finde moderne Stücke mit experimentellen Klängen immer sehr toll zum Aufführen. Was oft fehlt, ist die Erklärung zu den Stücken. Das versuche ich dem Publikum in meinen Konzerten mit einem solchen Programm immer näher zu bringen. Denn wer an Harfe denkt, denkt erst mal an Engelsmusik. Dass wir Harfenist*innen auch anders können, das wissen nur die wenigsten.