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15. Dezember

Der Reiz der Operette

Zugegeben. Wer das Wort Operette hört, denkt vermutlich an Kitsch. Liebe, Freude, längst vergessene Lieben die wieder aufwachen, etc. Nicht jedermanns Sache. Und doch hat das spielen in Operettenorchestern für mich einen besonderen Reiz. Warum, das erfahren wir in der heutigen Geschichte. 

 

In der Saison 2015/2016 war es soweit. Ich wurde zum ersten Mal angefragt, bei der Operette Sursee im Orchester mitzuwirken. Die Maske in Blau von Fred Raymond wurde aufgeführt. Die Dienste wurden mit einer Kollegin aufgeteilt. Wenn ich ein Stück nicht kenne, höre ich es mir oft im Internet an, um mir ein Bild davon zu machen. Für mich war sofort klar: da will ich mitspielen! Im Sommer kamen dann die Noten. Hinzu kam ein neues Studium (Master of Arts in Musikpädagogik), das viele Herausforderungen und Kurse mit sich brachte. Ich begann dann im Herbst, das Stück zu üben. Ganz schön anstrengend, wenn alles anders klingt, als man es bei den Aufnahmen gehört hat. Aber wie wild übte ich Wochenendschichten und Abends nach den Kursen neben all den Solos, die im Studium zum Repertoireprogramm gehörten, um alles zu schaffen. 

 

Dann war es soweit: die erste Probe stand an. Gemeinsam mit meiner Kollegin, die ich dort zum ersten Mal antraf, trugen wir ihre Harfe in den Ballettsaal des Stadttheaters. Wir wurden von der Dirigentin freundlich empfangen und vor dem ganzen Orchester begrüsst. Man muss wissen: Operettenorchester haben nicht immer eine Harfenstimme. Oder wenn, dann sehr wenig. Es ist deshalb immer spannend, wenn wir mitspielen dürfen. Dann begann die Probe. Mein Herzschlag war bestimmt auf 200. Aber es gelang gut und ich kriegte auch schon einzelne Komplimente. Zudem meinte meine Kollegin: "Die Dirigentin mag Harfenglissandos. Wenn du diese laut und deutlich spielst, dann hast du ihr Lächeln auf sicher". Das fiel mir sofort auf. 

 

Eine wundervolle Saison mit vielen tollen Aufführungen, standing ovations, einem unglaublichen Bühnenbild und einem unvergesslichen Erlebnis stand vor der Tür. Bei jedem Solo war mein Herzschlag so hoch, dass man ihn wahrscheinlich bis ins Publikum gespürt hat. Aber diesen Orchesterklang, den Geruch im Graben, die Spannung vor jeder Aufführung, die neuen Freundschaften und Bekanntschaften, die geschlossen wurden. Das werde ich nie vergessen. Und jede Aufführung war besonders. Denn es war immer anders. Und für uns Mitwirkenden*, die schon alles kannten, kamen die Lacher trotzdem immer an einem anderen Ort. Zudem muss man bei jeder Aufführung spielen, als ob es die erste wäre. Nach 10 bis 15 Mal ist das schon eine Herausforderung. Aber man lernt, seinen Fingern zu vertrauen. Und mit der Zeit lernt man sogar sämtliche Dialoge auf der Bühne auswendig. Zudem entführt einem die Musik und die tolle Stimmung in eine ganz andere Welt. Nach jeder Aufführung ging ich mit einer grossen Erfülltheit und Zufriedenheit nach Hause. Auch wenn ich vor den Aufführungen teilweise noch so anders gestimmt war.

 

Es folgte zwei Jahre später eine erneute Saison mit Harfe. Diesmal beim Grafen von Luxemburg. Wie freundlich wir vom gesamten Orchester und dem Team empfangen wurden! Als wären wir an der Harfe nie weggewesen. Es ist eben wie eine kleine Familie. Und mit jeder Aufführung wächst man näher zusammen. Wochenende für Wochenende. Es ist eine wunderbare Erfahrung und ich freue mich schon darauf, in der Saison 21/22 hoffentlich wieder im Orchester mitwirken zu dürfen. 

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Kommentare: 1
  • #1

    Mam (Dienstag, 15 Dezember 2020 14:39)

    Operette, ich hätte nie gedacht das mir das gefallen würde. Es war einfach toll, die Musik, die Sänger, die Kostüme, das Bühnenbild einfach alles. Doch das tollste war der Kommentar von "Papa" als er nach der ersten Aufführung meinte :"Das isch jetz cool gsi, mer göh emu sicher wieder."