Der Weg zum Studium
Heute gehts um Aufnahmeprüfungen. Wie die Prüfung ablief fürs Vorstudium, konnten wir ja Anfang Dezember bereits lesen. Nun war ich mitten im Vorstudium angelangt. Dieses bestand aus einem Theorie- und Gehörbildungskurs, der jeweils Freitag Nachmittags stattfand. Und natürlich das Hauptfach Harfe sowie Nebenfach Klavier. Von September bis März musste ich also ebenso Klavier spielen lernen, das konnte ich ja bis dahin noch nicht. Und ein Klavier musste schnellstmöglich her, damit ich zu Hause üben kann. Gar nicht so einfach bei den Preisen. Aber für ein e-Piano, das ich mir mit der Arbeit auf dem Stadtbauamt zusammengespart hatte, musste es vorerst reichen.
Unsere Theorie-Dozentin, Madeleine Ruggli, brachte mich in der Musiktheorie von 0 auf 100. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich hatte ja nicht mal mehr Ahnung, wie man Vorzeichen setzte. Langsam lernten wir die Rhythmen singen, Dreiklänge und Intervalle bestimmen, Kadenzen spielen, Bach-Choräle ab Blatt singen, Melodien nach gehör aufschreiben. Und nebenbei erarbeitete ich mein Repertoire für die Aufnahmeprüfung auf der Harfe.
Da ich sicher war, dass ich Musik studieren will, versuchte ich mein Glück auch bei einer zweiten Schule. Ich meldete mich in Basel an und hatte somit zwei Versuche. Aber jede Aufnahmeprüfung ist anders. Wie schaut sie denn eigentlich aus? Die Prüfung besteht aus einem praktischen Teil, wo man vorspielt. Die Liste der Stücke, die verlangt werden, ist pro Schule unterschiedlich. Ebenso gibt es einen Theorie-Teil. Mündlich und schriftlich. Nur wer beide Teile besteht, wird auch zum Studium zugelassen. Ausserdem muss man auf dem Klavier ein kurzes Stück vorspielen und eine kurze Textanalyse zu diesem Stück vorstellen.
Tag für Tag, Woche für Woche arbeitete ich an meinem Programm. Und nach Probestunden und Ausfüllen von Anmeldeformularen, sowie Erstellen eines Motivationsschreibens und Bezahlung der Prüfungsgebühr war es soweit: die erste Aufnahmeprüfung war da. Ich reiste voller Nervosität nach Basel. Herzschlag auf gefühlt 1000. Zittrige Finger. Mit schüchterner Sprache erzählte ich der Jury, was ich denn vorspiele. Leider ging alles ziemlich in die Hose. Dann kam die Warterei. Und leider hatte es nicht geklappt. "Wir haben nicht das Gefühl, dass Sie als Musiker bestehen können, wenn Sie nicht mit Ihrer Nervosität umgehen können". Ziemlich ernüchternd und in einem leicht arroganten Ton war diese Antwort des damaligen Studienleiters. Später schrieb mir die Dozentin, dass das Programm einfach zu wenig bereit war, um beim Vorspiel zu bestehen, aber dass ich gute Qualitäten mitbringen würde und sie sich sicher sei, dass ich die Prüfung in Luzern bestehen würde.
Harte, unsichere Wochen folgten. Teilweise mit Albträumen und Gedanken an die negative und unangenehme Vorspielsituation in Basel. Und dann kam die Prüfung in Luzern. Wieder dasselbe Prozedere. Nervös und zittrig spielte ich vor. Aber dort hatte ich den Vorteil, dass mich die Dozentinnen schon vom Vorkurs kannten. Und mit jeder Note sank die Nervosität. Dann die Antwort: bestanden! Super, jetzt gings noch an die Theorieprüfung runter in die Stadt. Aber da wurden wir so gut vorbereitet, das war ein Klecks. Und beim Rhythmus-Teil sang ich den Kanon so laut, dass ich vom Prüfer gefragt wurde, ob ich denn die andere Stimme überhaupt gehört hätte.
Nun kam der schwierigste Teil. Warten. Das ist nicht meine Stärke. Aber mir blieb nichts anderes übrig. Dann endlich der lang ersehnte Brief! Meine Mutter las ihn mir am Telefon vor. Ich war zum Bachelor-Studium in Luzern aufgenommen! Endlich! Ein steiniger Weg lag hinter mir. Aber ich wusste, dass ich mein Ziel vor Augen hatte und dies erreichen möchte. Ein ebenso langer Weg lag vor mir. Mit vielen Hochs und Tiefs. Heute bin ich froh für alle Erfahrungen, die ich im Studium machen durfte. Und danke all meinen Dozent*innen - auch in der Musiktheorie. Sie haben mir stets aufgezeigt, warum die Kurse ums Hauptfach ebenso wichtig sind. Und dass man Stücke anders spielt, wenn man sie verstehen, analysieren und in den musikgeschichtlichen Kontext bringen kann.
Nach 5 erfolgreichen Jahren in Luzern wurde es Zeit für einen Wechsel. Für den zweiten Master in Performance bewarb ich mich in Basel, Zürich und Genf an den Hochschulen. Ebenso stand ein zweijähriger Kurs an der école normale in Paris zur Debatte. Alle Dozent*innen entsprachen mir nach der Probelektion. Aber Basel war mein Wunschort für das Studium. Die Prüfung dort lief ausserordentlich gut. Bestanden hatte ich. Aber auch in Basel musste ich lange auf Bescheid warten, da es Wartelisten gibt. Das Warten hatte sich gelohnt. Mit Freude teilte mir der Studienleiter Anfang Mai 2017 mit, dass ich zum Masterstudium aufgenommen bin. Heute blicke ich auf eine tolle Studienzeit an beiden Schulen zurück.
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