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23. Dezember

Es wird Zeit, innezuhalten

Bald feiern wir Heiligabend. Dieses Jahr wird alles anders sein. Und morgen wartet eine besondere Überraschung auf euch. Allen treuen Leser*innen möchte ich an dieser Stelle von Herzen danken. Ich hoffe, ich konnte einen Einblick in unseren Musikeralltag bieten. Mit diesem Adventskalender wollte ich ein kleines Zeichen setzen, um aufzuzeigen, was es bedeutet, Musiker*in zu sein. Dass auch wir ein langes Studium hinter uns haben, dass ein Auftritt - sei dies im Orchester oder als Solist - für uns viel mehr als nur finanzielle Sicherheit bedeutet und dass der Stellenmarkt in unserer Branche alles andere als einfach ist. 

 

So viele tolle Erinnerungen sind mir beim Schreiben der Texte durch den Kopf gegangen. Erinnerungen an eine Zeit vor der Pandemie, in der Ersatzzahlungen und die Sorge, wann und ob man wieder öffentlich spielen kann, weit weg waren. Tolle Erinnerungen, die meinen Weg gebahnt haben. Und noch mehr Erinnerungen hätten Platz. Aber "leider" sind es nur 24 Tage. Deshalb habe ich mir für den heutigen 23. Dezember überlegt, einen kurzen Jahresrückblick zu schreiben. Nicht etwa von 2020. Nein. Sondern von 2019. Er soll aufzeigen, was dieses spannende Jahr für mich mitgebracht hat und wie unendlich dankbar ich für all die Erfahrungen und Ereignisse bin, die mir das Jahr 2019 geboten hat. Über Kommentare zu den einzelnen Geschichten in den anderen Blogs und in diesem Blog, freue ich mich. 

 

Januar

Fulminant bin ich in dieses neue Jahr gestartet. Mit dem Geld, das ich an den Weihnachtsauftritten verdient hatte, gönnte ich mir eine Auszeit im DeltaPark in Gwatt. Feines Essen, Wellness und dolce far niente. Atemberaubende Aussicht auf die Berner Oberländer Bergwelt. Dann startete die Operettensaison in Sursee. Der Graf von Luxemburg stand auf dem Programm.

 

Februar

Ich nahm am Wettbewerb der Kiefer Hablitzel Stiftung teil. Auf dem Programm standen tolle Repertoirestücke für Harfe. Aus dem vorbereiteten Repertoire wurden drei Stücke von der Jury ausgewählt. Trotz Harfensaite, die bei Holligers Arioso sprang und trotz anfänglicher Nervosität konnte ich die Stücke meistern. Zudem gelang mir Spohrs c-Moll Fantasie noch nie mit so ruhigen Fingern, wie an diesem Tag. Für einen Preis hatte es leider nicht gereicht. Aber ich bin mit einem Rucksack an Erfahrungen für die bevorstehende Repertoireprüfung weitergezogen.

 

März

Mit Bravour bestand ich meine Repertoireprüfung im Fach Harfe an der Hochschule für Musik FHNW in Basel. Aus einer Zusammenstellung von Repertoirewerken (insgesamt 60 Minuten Programm) wählt die Jury zwei Wochen vor der Prüfung die Werke, die es vorzutragen gilt. Gemeinsam mit einem Pflichtstück, das ich ebenfalls vorspielen musste. Gleichzeitig gilt diese Prüfung als Zulassung für das Rezital im Juni. Die Prüfung findet immer ohne Publikum statt. Ganz schön befremdend. Obwohl - 2020 würde man über diesen Satz lachen! 

 

April

Die Musikschule Region Thun schreibt eine Stelle für Harfe aus. Ich entschied mich nach einigen Überlegungen und Gesprächen mit meiner Dozentin, die Bewerbung zu senden. An Karfreitag durfte ich erstmals das Requiem von Gabriel Fauré in Bern aufführen. Einmal in der katholischen Kirche Bruderklaus, einmal in der Heiliggeistkirche. Harfentransport zwischen den beiden Kirchen inklusive. Und: Frühlingsferien an den Musikschulen. Zeit, intensiv für mein Rezital zu üben. Es gab noch eine Menge zu tun!

 

Mai

Einladung zur Probelektion an der Musikschule Region Thun. Da ich um 09.00 Uhr vor Ort sein musste und ich fit sein wollte - entscheide ich mich, die Nacht vorher in einem Hotel in der Stadt zu verbringen. Nach der Probelektion - die Schülerin hatte ihre Noten vergessen - und dem Vorspiel, folgte ein kurzes Gespräch mit der Jury. Dann das lange Warten. Aber am Freitag erhielt ich die definitive Zusage für die Stelle in Thun. Das wurde ordentlich gefeiert!

 

Juni

Endlich war es soweit! Mein Rezital fand nach stundenlanger, tagelanger, wochenlanger Vorbereitung endlich statt. Mit jedem Stück, das geschafft war, fiel ein grosser Stein vom Herzen. Dann die Verkündung der Note. 5.5! Was für eine Freude und Erleichterung das war. Zwei Wochen später stand nochmal Mozart auf dem Programm. Diesmal mit dem Liebhaberorchester der VHS Thun, das 2019 sein Jubiläum feierte. 

 

Juli

Die Wohnungssuche stand an. Ich wollte schliesslich eine Wohnung finden, in der ich beim Üben mehr Freiheiten geniessen konnte - also auch Abends oder am Wochenende ohne Probleme üben konnte. Einen Neubau hatte ich deswegen ins Auge gefasst. Besichtigung war an einem Mittwoch. Die Bewerbung folgte alsbald, denn die neue Wohnung ging mir nicht mehr aus dem Kopf! Dann gings in den wohlverdienten Urlaub. Diesmal nach Lugano und Saas-Fee. Ganz schön befremdend, die Skipisten im Sommer zu sehen. Vor Ort kam die Zusage zur neuen Wohnung. Was für ein Glück! Gleich ein Grund mehr, zu feiern! Die Wirtin im Restaurant schenkte nach und die Nacht wurde lang. 

 

August

Start ins neue Schuljahr. Diesmal mit fast 30 Schüler*innen. Gar nicht so einfach, alles zu organisieren. Vier Tage Unterricht an drei verschiedenen Musikschulen. Nebenbei das Üben fürs Freelance. Aber alles hatte geklappt. 

 

September

Anfang September kam der Schlüssel für die neue Wohnung. Zeit, schonmal die Harfe inklusive Klavierstuhl und Notenständer ins leer stehende Wohnatelier zu schleppen. Dann kamen die Noten für das Harry Potter Projekt mit dem 21st Century Orchester, wo ich als Zuzüger dabei war. In nur einem Monat musste ich über 100 Seiten Harfenstimme lernen. Nebenbei war ich noch am Unterrichten. Ganz schön herausfordernd. Aber es hatte sich gelohnt. Und ich liebe Filmmusik!

 

Oktober

Endlich war der Umzugstermin. Dann gings weiter mit Üben. Erfolgreich spielte ich in vier Aufführungen bei Harry Potter mit. Fluffys Harp konnte ich ebenso meistern. Wie nervös ich doch bei jeder Aufführung war! Dann folgte das nächste Projekt. Beim Orchestre Festival, wo ich seit 2015 regelmässig mitspiele, waren dieses Jahr Georg Kreislers Lieder an der Reihe. Mein erstes Projekt war der Schneemann. Es ist jedes Jahr eine Freude, bei diesem Orchester mitzuspielen. Denn das Programm ist alles andere als "0815 Klassik". Leider machte uns 2020 Corona einen Strich durch die Rechnung. Ich stand schon mit meiner Harfe in Bern, als der Regierungsrat verkündete, dass ab Ende Oktober sämtliche Veranstaltungen im Kanton Bern verboten werden. 

Einblick in das erste Projekt

https://youtu.be/Y9PZLEexGmM

 

November

Üben wie wild, für die bevorstehenden Konzerte im Dezember. Saint-Saëns Weihnachtsoratorium und weitere Werke standen an. Sowie private Auftritte an Firmenfeiern, die es vorzubereiten galt. Und das an drei ganz freien Tagen und vier Unterrichtstagen. Engagement für die Operette Arth Saison 2019/20. Lange war nicht klar, ob die Harfen bei so wenig Notenmaterial in der Originalstimme mitmachen. Aber für die Harfe wurde extra eine eigene Stimme geschrieben! Diese war knapp eine Woche vor der ersten Probe bereit. So übte ich in einer Woche um die 20 Seiten Harfenstimme für "eine Nacht in Venedig".  Die Wochen waren eng getaktet. Ende November dann ein Auftritt am Ewigkeitssonntag in der Heiliggeistkirche in Bern. Jedes Jahr wieder eine Freude! Nicht nur akustisch.

 

Dezember

Endlich kamen all die Auftritte. Darunter auch meine ersten Auftritte mit Chören in Basel. Wunderbare Konzertlokale, darunter die altehrwürdige Martinskirche. Und diese Werke, die in der Weihnachtszeit aufgeführt werden, sind so himmlisch, das bereitet mir Gänsehautmomente, wenn ich im Orchester sitze. An Heiligabend dann das Weihnachtsoratorium von Saint Säens in der Heiliggeistkirche in Basel. Im Publikum mein Vater. Stolz machte er Aufnahmen der Sätze, bei denen ich mitspielte. Dann fuhren wir gemeinsam nach Hause, wo ein Überraschungs-Mitternachtssnack auf uns wartete. Was für ein Fest! Nach ein par Tagen Auszeit, gings weiter mit Kammermusikkonzerten. Händel und Hoffmann standen auf dem Programm. Wie schön, in diesen verschiedenen Kirchen aufzutreten, die noch weihnächtlich mit funkelnden Tannen geschmückt waren.

 

Und langsam neigte sich das Jahr dem Ende zu. Nach einem feinen Abendessen im Restaurant zum goldenen Fass läuteten wir mit Freunden am Rhein das neue Jahr ein. Für all die Momente 2019 bin ich unendlich dankbar. Auf ein beschwingtes 2021 mit ebenso vielen musikalischen Momenten! 

 

 

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